Und
wieder mal ein Tag, an dem ich nichts anderes
tue als auf euch zu warten.
Heute früh, als ihr alle so zeitig aufgestanden
seid, war mir schon klar dass es wieder mal
einer dieser furchtbar langweiligen Tage werden
würde.
Die meisten Tage sind so.
Kaum hat der Wecker geklingelt, geht es auch
schon los.
Frauchen, du bist immer die erste, die hektisch
durch die Wohnung flitzt. Vom Bad in die Küche,
dann in die Zimmer der beiden Kinder, nebenher
ermahnst du Herrchen er möge doch bitte
aufstehen.
Ich werde beinahe komplett übersehen. Mein
Futternapf wird zwar schnell noch gefüllt
und wenn ich Glück habe, streichelt mir
einer von euch kurz über den Kopf aber
das wars dann auch schon.
Nachdem ihr euch alle gewaschen und die Zähne
geputzt habt, trefft ihr euch noch schnell in
der Küche auf einen Kaffee und dann geht
auch schon jeder seinen Weg.
Herrchen, Frauchen und Moni, ihr geht zur Arbeit
und Flori muss zur Schule.
Nur ich bleibe Zuhause, alleine.
Wenn ihr dann alle weg seid, ist es sehr ruhig
in der Wohnung. Meist leg ich mich dann auf
meinen Lieblingsplatz und döse vor mich
hin.
Wenn ich dann genug habe, setze ich mich ans
Fenster und schaue nach draußen. Da aber
auch das auf Dauer ziemlich langweilig ist,
streife ich oft durch die Wohnung, bevor ich
mich dann wieder zum Schlafen lege.
Manchmal kommst du Flori nach der Schule kurz
nach Hause. Wenn ich dich höre, lauf ich
oft ganz schnell zur Tür um dich zu begrüßen.
Früher hast du dich immer gefreut, wenn
ich gelaufen kam, hast mich liebevoll auf den
Arm genommen und mit mir geschmust, heute nimmst
du mich meistens gar nicht wahr.
Meist hast du es ganz eilig, wirfst deine Schultasche
in dein Zimmer, machst dir schnell was zu Essen
und gehst dann auch schon wieder. Du triffst
dich mit Freunden, die sind dir wichtiger als
ich.
Wenn ich mich am Abend auf deinen Schoß
legen möchte Frauchen, dann schiebst du
mich runter, mit der Begründung, dass ich
zu arg haare. Früher haben dich meine Haare
nicht gestört, da durfte ich stundenlang
auf dir liegen und du hast mich gekrault.
Früher war einfach alles anders. Da warst
du Frauchen den ganzen Tag Zuhause und wenn
die Kinder mittags von der Schule kamen, haben
wir ganz viel miteinander gespielt.
Mich macht das alles sehr traurig.
Dass du jetzt einen Freund hast Moni, find ich
toll. Nur leider schläft nun er des Öfteren
bei dir im Bett. Mich würde das ja nicht
stören, ich würde mich gerne zu euch
kuscheln. Aber leider ist deine Tür jetzt
nachts immer zu und ich darf nicht mehr in deinem
Zimmer schlafen. Ich hab mich nachts immer so
gerne zu dir gelegt und die Nacht unter deiner
Decke ganz nah an deinem Körper verbracht.
Ja, so ändern sich die Zeiten.
Da ich ja auch nicht nach draußen darf,
weil wir an einer sehr stark befahrenen Strasse
wohnen, ist mein Leben recht einsam und langweilig
geworden.
Euch fällt das nicht auf. Ihr meint, dass
ich so viel schlafe und so ruhig geworden bin
liegt an meinem Alter.
Dass ich aber so langsam einfach keine Lust
mehr habe, ständig abgewiesen zu werden,
weil ihr alle immer im Stress seid und wichtigeres
zu tun habt, darauf würdet ihr nie kommen.
Ihr seid alle immer viel zu sehr mit euch selbst
beschäftigt und macht euch über mein
Leben keine Gedanken.
Ihr seid der Meinung, Katzen sind ja so anspruchslos.
Wir sind zufrieden, wenn wir täglich unser
Futter bekommen und das Katzenklo regelmäßig
gereinigt wird. Dass auch wir Katzen beschäftigt
werden möchten und gerne soziale Kontakte
pflegen würden, das kommt euch nicht in
den Sinn.
Die letzten Katzen, zu denen ich Kontakt hatte,
waren meine Geschwister und meine Mama.
Ich war 12 Wochen alt, als ich das letzte Mal
von einem Artgenossen liebevoll geputzt wurde.
Genau so lange ist es her, dass ich mich durch
Körpersprache mit jemandem austauschen
konnte. Damals hab ich das letzte Mal mit einem
Gleichgesinnten so richtig raufen und spielen
können. Mich an das Fell eines Artgenossen
gekuschelt und mich nie einsam gefühlt.
Ich verstehe, dass ihr manchmal viel zu tun
habt und mich nicht rund um die Uhr bespaßen
könnt, aber müsst ihr mich deswegen
wirklich gleich total links liegen lassen?
Wenn ihr euch wenigstens einmal am Tag intensiv
mit mir beschäftigen würdet, mir zeigen
würdet, dass ihr an mich denkt und mich
lieb habt, dann würde mich das schon sehr
freuen. Ich bin kein Gegenstand, den man sich
anschafft und der irgendwann in einer Ecke der
Wohnung verstaubt.
Ich bin ein Lebewesen, das geliebt und gefordert
werden möchte.